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Books

Cover
Dürrenmatt, Friedrich
Zürich
1956
Titel

Die Panne

Bemerkung

Diogenes

SF-Referenz

CM-200040

RFID

200040

RFID-Status

nicht zugewiesen

Buch-ID

200040

Erstellt

17.12.2020

Letzte Änderung

07.02.2021

Änderung durch

jconzett

Text Team

Friedrich Dürrenmatt

Die Panne

Eine noch mögliche Geschichte

Die Erzählung wurde 1956 im Arche Verlag veröffentlicht und im gleichen Jahr als Hörspiel gesendet. Interessanterweise stellt Dürrenmatt der Geschichte einen Teil voran, in dem er die Frage stellt, was man noch schreiben könne. Fazit der Überlegung ist, dass wir in einer Welt der Pannen leben. Stoff genug zum Schreiben.

Das Verbrechen

Der Textilreisende Alfredo Traps erlebt eine Autopanne mit seinem Studebaker. Auf der Suche nach einem kleinen Abenteuer kehrt er nicht mit dem Zug zu seiner Familie zurück, sondern sucht sich in einem Dorf ein Zimmer. In einer Villa findet er Gastfreundschaft und gerät mitten in einen Herrenabend hinein. Vier ältere Herren zwischen 77 und 87 Jahren, von Dürrenmatt als Greise betitelt, möchten den Gast in ihr Spiel integrieren. Er soll den Angeklagten spielen, während die vier Männer ihre ehemaligen Berufe ausüben: Richter, Staatsanwalt, Verteidiger und Henker.

Traps spielt mit, auch wenn er sich keiner Schuld bewusst ist. Unbedarft erzählt er während eines opulenten Mahls von seinem Leben. Nicht lange dauert es, bis er des Mordes an seinem ehemaligen Vorgesetzten angeklagt wird. Eigentlich ist er nur den rücksichtslosen Gesetzen des Geschäftslebens gefolgt. Der Wohlstand stieg im Land, wer wollte da nicht mittun? Er habe getötet, weil es ihm das Natürlichste sei, jemanden an die Wand zu drücken, rücksichtslos vorzugehen, geschehe, was da wolle, heisst es.

Die Männer, zunehmend alkoholisiert, sehen «im Verbrechen die Schönheit als die Vorbedingung, die erst Gerechtigkeit möglich macht». Auch der Angeklagte Traps stimmt begeistert ein.

Hier nimmt die Geschichte je nach Fassung eine andere Wende. Hängt sich Traps in der Erzählung angesichts seiner Schuld im Fensterrahmen auf, schläft er im Hörspiel seinen Rausch aus.

Gesellschaft und Individuum

Mit welchen Gedanken spielt Dürrenmatt in dieser Geschichte? Es wird selbsternanntes Recht angewandt, ein «Strahl der Gerechtigkeit» soll es sein. Ein Mensch wird eines Verbrechens überführt, weil er sich die «Gedankenlosigkeit der Welt zu eigen gemacht» hat. Juristisch ist das Urteil nur darauf gestützt, «dass der Verurteilte sich selbst als schuldig bekenne». Dürrenmatt wirbelt hier alle Ebenen durcheinander: Realität und Spiel, private und staatliche Justiz, Schuld des Einzelnen versus Verantwortung der Gesellschaft usw. Auch wenn sich viele Leser und insbesondere Leserinnen nicht mit den Figuren in der Geschichte identifizieren können, werden sie auf sich selbst und ihre Rolle in der Gesellschaft zurückgeworfen.